op. 16 Lune (Hommage à Claude Debussy)
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für Mezzo-Sopran, Chor, Altquerflöte, Englischhorn, Horn, Viola, Harfe, Cembalo und Glocken
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1 - Lune
2 - Canto notturno di un pastore errante dell'Asia
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composed: 2002 / 03
premiered: 17. Mai 2003 Deutsches Museum - München
Ulrike Stickroth-Altquerflöte, Agata Fiolek-Viola, Veronika Ponzer-Harfe, Daniela Langanki-Englischhorn, Harald Maier-Horn, Anne Horsch-Cembalo
Ensemble Chrismòs – cond.: Alexander Hermann
duration: 25 min.
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Lune – Hommage a Claude Debussy ist eine Klangreise um die Welt, bwegt und zugleich ruhig und zeitlos. Der Text: das Wort Mond in 56 (= 2x28) Sprachen, aktuellen wie historischen, hier als Symbol für Ganzheit und Gemeinsamkeit als auch Ruhe und Frieden.
„Lune“ - Titel des wohl berühmtesten Klavierstückes sowie der ersten (verschollenen) Liedkomposition des frz. Komponisten Claude Debussy, der in seinem 56 währenden Dasein (1862-1918) die Erschließung neuer musikalischer Klangwelten und eine bis heute nicht abgeschlossene Suche nach einer neuen musikalischen „Sprache“ initiierte, ausgelöst durch eine schicksalhafte Begegnung mit balinesischer Gamelanmusik
Symbol dieser Initialzündung sollen 28 auf die Musiker verteilten Klanginstrumente sein, die gleichzeitig den sphärenhaften Klangraum der sich einzig aus dem Ton A entwickelnden Komposition erweitern. Über allmählich sich verändernden Vokalfärbungen dieses Tones erscheinen die vertonten, zu Beginn des Werkes ebenfalls nach Vokalen geordneten Mondnahmen. Das musikalische Material des gesamten Werkes setzt sich somit aus 56 verschiedenen Motiven zusammen. Die Motivik ist so gewählt dass deren Zusammenklang eine impressionistisch anmutende Stimmung erzeugen.
Diesem Klangraum über dem A setzt der Chor-Tenor ein „kleines gis“ entgegen, dessen Frequenz 210,42 Hz dem Mond zugeordnet ist. Ist die Palette sämtlicher Vokale (einschließlich der Umlaute) durchlaufen, beginnen die 6 Instrumente und nehmen die Septimenspannung A-Gis auf, verfremden diese und „Gebähren“ aus ihr immer neue Töne. Die rhythmische Komponente kommt hinzu, unterstütz durch Sprechgesänge und Rufe einzelner „Mondmotive“ durch den Chor.
Auch die Wahl des Instrumentariums ist symbolisch: Unter dem Autogrph einer der letzten vollendeten Kompositionen Debussys, der Sonate für Flöte, Viola und Harfe findet sich ein Vermerk zu einer Folgekomposition für Oboe, Horn und Cembalo, vor dessen Komposition der Komponist leider verschied. Die Kombination beider Trio-Besetzungen (durch Wahl der weicheren, tieferen Klangregister von Altquerflöte und Englischhorn) ist eine Reminiszenz an Debussys „Weltmusik“, eine Sphärenmusik, symbolisch grenzüberschreitend und verbindend zwischen Diesseits und Jenseits, irdischer Gegenwart und stellarer Ewigkeit.
Von diesem Dualismus geprägt ist auch der dem 2. Teil der Komposition zu Grunde liegende Beginn des Gedichtes „Canto notturno di un pastore errante dell'Asia“ von Giacomo Leopardi (1798-1837), für Mezzo-Sopran. Beschrieben wird die ewige Wanderung des Mondlichtes über die -länder dieser Erde, verglichen mit dem Leben eines Hirten. Diesen endlosen Kreislauf und das Erleuchten jeweils bestimmter Erdteile kommt symbolisch nun in einer Neuordnung der Mondmotive zum Tragen, in dem der Chor während einer fiktiven Wanderung über die Längengrade des Globus die Mondnamen der jeweils vom Mondlicht beschienenen Länder erklingen lässt.
Am Ende steht die (unbeantwortete) Frage nach dem Sinn oder Ziel dieser Reise.
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Giacomo Leopardi: „Canto notturno di un pastore errante dell'Asia“
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Che fai tu, luna, in ciel? dimmi, che fai,
Silenziosa luna?
Sorgi la sera, e vai,
Contemplando i deserti; indi ti posi.
Ancor non sei tu paga
Di riandare i sempiterni calli?
Ancor non prendi a schivo, ancor sei vaga
Di mirar queste valli?
Somiglia alla tua vita
La vita del pastore.
Sorge in sul primo albore
Move la greggia oltre pel campo, e vede
Greggi, fontane ed erbe;
Poi stanco si riposa in su la sera:
Altro mai non ispera.
Dimmi, o luna: a che vale
Al pastor la sua vita,
La vostra vita a voi? dimmi: ove tende
Questo vagar mio breve,
Il tuo corso immortale?
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live (exzerpts)